Grandios – war mein Gedanke während des Lesens. Ferdinand von Schirach geht in seiner als Theaterstück konzipierten Auseinandersetzung zum Diskurs zur Sterbehilfe sprachlich wie inhaltlich in einer bewundernswerten Sachlichkeit auf die gesellschaftlichen und ethischen Aspekte dessen ein, was der Mensch und der Staat darf – oder auch nicht. Vielfältig in den Argumentationsketten, gewieft wegen der selbsterklärenden Rolle des Ethikrates und fast schon belustigend bezüglich der religiös vertretenden Meinungen. Ich fand das Buch trotz der möglichen Schwere des Themas nicht bedrückend, sondern ganz im Gegenteil sehr flüssig zu lesen und gut verständlich in den Disputen. Ferdinand von Schirach schreibt hier, wie er meines Erachtens nach oftmals auch persönlich argumentiert: ruhig, sachlich und mit manch doppeldeutigem Bild. Das Buch regt definitiv zum Nachdenken an, hält sich aber mit einem eindeutigen Ausgang zurück. Von Schirach überlässt es dem Leser, bzw. Theaterzuschauer, wie die Debatte beendet wird. Mich hat der Verlauf der Dialoge und die nach innen gerichtet wirkenden Ausführungen der Figur Gärtner manches Mal an Friedrich Dürrenmatts Werk „Die Physiker“ erinnert. Sprachlich wie inhaltlich einfach großartig! Ich würde dieses Werk jedem ans Herz legen und kann es nur absolut empfehlen. Sehr, sehr lesenswert – deshalb ganz klar 5 Sterne.
Susan Elizabeth Phillips ist wahrlich eine Meisterin ihres Genres und zählt seit Jahren zu meinen absolut favorisierten Autorinnen in Sachen „Frauenschmöker“. Mit ihrem neuesten Roman „Und wenn sie tanzt“ liefert sie meiner Meinung nach auch wieder eine solide Geschichte, die alles bietet, was man sich von solch einem Buch wünschen könnte. Tess und Ian sind die Hauptprotagonisten – beide Mittdreißiger mit jeweils einigen persönlichen Baustellen und Nöten im Leben. Und wie man sich vorstellen kann, sind sich beide zunächst nicht besonders gut gesonnen. So begibt man sich als Leserin also auf den Weg der beiden zueinander, mit allen Höhen und Tiefen – oder auch verbalen Unwägbarkeiten. Insgesamt liest sich der Roman wie erwartet sehr flüssig und die Grundthematik ist interessant und authentisch. Die Protagonisten sind zu Beginn noch recht undurchdringlich und wenig durchschaubar, was sich im Verlauf der Story natürlich aufklärt. Lediglich die manchmal ein wenig politisch anmutenden Randthemen gefielen mir nicht immer so gut. Da hat es Susan E. Phillips evtl etwas zu gut gemeint. Meines Erachtens erwartet man in diesem Genre dann doch vorwiegend Wortwitz, Romantik, ausgeklügelte sympathische Figuren und einen kurzweiligen Erzählstrang, der Up & Downs, sowie ein paar raffinierte Wendungen zu bieten hat und weniger gesellschaftskritische Inhalte. Da „Und wenn sie tanzt“ all diese „Frauenschmöker-Kriterien“ allerdings trotzdem sehr wohl erfüllt und der Plot im Gesamten eine richtig gute Unterhaltung darstellt, kann ich das Buch nur absolut empfehlen. Es wird zwar nicht mein persönliches Lieblingsbuch der Autorin werden, aber dennoch fand ich den Schmöker sehr lesenswert, deshalb volle 5 Sterne.
Yrsa Sigurdardottir veröffentlicht mit „Abgrund“ nun den 4. Teil der Serie um Kommissar Huldar und Kinder-Psychologin Freya – und ich muss sagen, dass es meiner Meinung nach das bisher beste Buch der Reihe ist!
Ein Opfer, das nicht nur auf seltsame Weise zu Tode kam, sondern dessen Leiche auch noch sehr skurril zur Schau gestellt wird. Ein identitätsloser kleiner Junge, dessen Eltern nicht aufzufinden sind. Und Ermittlungen, die immer wieder neue Fragen aufwerfen und die Geschehnisse nur noch seltsamer erscheinen lassen, als irgendetwas aufzuklären..
Hochspannung also von Anfang an, viele überraschende Wendungen und ein grundsätzlich gut durchdachter Plot machen das Buch zu einem wirklichen Pageturner! Die Figuren sind hier wieder ziemlich gut getroffen und wirken durchweg authentisch, wenn nicht gar ein wenig schaurig.. Es gibt verschiedene Erzählstränge, die aber immer gut miteinander verwoben werden und in sich rund und stimmig sind. Dass „Abgrund“ so gut, also nahtlos flüssig zu lesen ist, liegt meines Erachtens aber auch an der guten Übersetzung von Tina Flecken, die die Dialoge der Protagonisten nicht mit Fäkalsprache durchzieht (anders als in den Übersetzungen von Anika Wolff, die mir persönlich leider überhaupt nicht gefielen). Die Ausdrücke und Dialoge der manches Mal kernigen und kantigen Akteure sind hier wie ich finde sehr passend ins Deutsche übertragen. Die Protagonisten können sich also trotz mancher zwischenmenschlicher Dispute um den eigentlichen Kern der Sache kümmern: Um die Aufklärung eines sehr, sehr ausgeklügelten Mordes!
„Abgrund“ war für mich definitiv ein Thriller, wie ich ihn mir immer wieder wünschen würde und ich habe das Buch (leider) in Rekordzeit ausgelesen. Absolute Empfehlung meinerseits, deshalb auch 5 Sterne.
Yrsa Sigurdardottir veröffentlicht mit „Abgrund“ nun den 4. Teil der Serie um Kommissar Huldar und Kinder-Psychologin Freya – und ich muss sagen, dass es meiner Meinung nach das bisher beste Buch der Reihe ist!
Ein Opfer, das nicht nur auf seltsame Weise zu Tode kam, sondern dessen Leiche auch noch sehr skurril zur Schau gestellt wird. Ein identitätsloser kleiner Junge, dessen Eltern nicht aufzufinden sind. Und Ermittlungen, die immer wieder neue Fragen aufwerfen und die Geschehnisse nur noch seltsamer erscheinen lassen, als irgendetwas aufzuklären..
Hochspannung also von Anfang an, viele überraschende Wendungen und ein grundsätzlich gut durchdachter Plot machen das Buch zu einem wirklichen Pageturner! Die Figuren sind hier wieder ziemlich gut getroffen und wirken durchweg authentisch, wenn nicht gar ein wenig schaurig.. Es gibt verschiedene Erzählstränge, die aber immer gut miteinander verwoben werden und in sich rund und stimmig sind. Dass „Abgrund“ so gut, also nahtlos flüssig zu lesen ist, liegt meines Erachtens aber auch an der guten Übersetzung von Tina Flecken, die die Dialoge der Protagonisten nicht mit Fäkalsprache durchzieht (anders als in den Übersetzungen von Anika Wolff, die mir persönlich leider überhaupt nicht gefielen). Die Ausdrücke und Dialoge der manches Mal kernigen und kantigen Akteure sind hier wie ich finde sehr passend ins Deutsche übertragen. Die Protagonisten können sich also trotz mancher zwischenmenschlicher Dispute um den eigentlichen Kern der Sache kümmern: Um die Aufklärung eines sehr, sehr ausgeklügelten Mordes!
„Abgrund“ war für mich definitiv ein Thriller, wie ich ihn mir immer wieder wünschen würde und ich habe das Buch (leider) in Rekordzeit ausgelesen. Absolute Empfehlung meinerseits, deshalb auch 5 Sterne.
Astrid Lindgren – was soll man sagen?! Eine großartige Autorin, die vielen Kindern und Erwachsenen prägende Momente und große Freude mit all ihren beliebten Büchern und Geschichten bereitet hat. Aber dahinter steckte zudem auch eine wirklich toughe, kluge und kämpferische Frau, die nicht nur zu Kriegszeiten Schicksalsschläge und arge Momente zu bewältigen hatte. Ich bin auf diese Biografie „Astrid Lindgren – Ihr Leben“ aus dem Pantheon Verlag, verfasst von Jens Andersen, eher zufällig durch das zuvor von mir gekaufte Hörbuch der Tagebücher von Astrid Lindgren („Die Menschheit hat den Verstand verloren: Tagebücher 1939 -1945“, HörbucHHamburg HHV GmbH, eingelesen von Eva Mattes) gestoßen. Und ich muss sagen, Astrid Lindgren fasziniert. Die vorliegende Biografie offenbart viele unbekannte Szenen aus dem Leben der Autorin und hat mich wieder einmal in einen unerwarteten Lese-Bann gezogen. Der Autor Andersen schafft es, ein breites Bild der Frau und Autorin zu zeichnen und offenbart die unbekanntere Seite von Astrid Lindgren. Auch die Kehrseite des Ruhms, mit dem sich Astrid Lindgren mehr und mehr konfrontiert sah, wird hier auf ganz besondere Weise beleuchtet. Ebenso wie das immerzu beständige Bemühen um einen persönlichen Kontakt zu ihrer Leserschaft. Interessant und manches Mal auch sehr verblüffend. Der Schreibstil des Biografen ist sehr eingängig und die Erzählungen sind leicht und schnell zu lesen. Hier und da gab es kleinere inhaltliche Wiederholungen, weil sich die Passagen nicht chronologisch aufbauen. Ich habe dieses Buch sehr, sehr gerne gelesen und kann es einfach nur weiterempfehlen. Deshalb ganz klar 5 Sterne!
"Staub zu Staub" von Felix Weber. Auf dieses Buch war ich besonders gespannt, nachdem ich den vielversprechenden Klappentext gelesen hatte. Doch leider wich der Kriminalroman, der in der Zeit um den 2. Weltkrieg herum spielt, von den Angaben der Inhaltsangabe (wie ich finde) ein wenig ab. Es geht sehr viel um die inneren Erlebnisse der Hauptfigur Siem Coburg, einem eigenbrödlerischen Kauz, weshalb sich die Erzählungen meiner Meinung nach stellenweise ein wenig in die Länge zogen. Auch der eigentliche Plot, die Figuren an sich, sowie die Schauplätze wirkten unerwartet und auf mich nicht immer eingängig, logisch oder anschaulich. Zudem fehlte mir die Spannung im Verlauf zu sehr, als dass ich das Buch als fesselnd oder packend betiteln könnte. Eher schien die Erzählung ein wenig fade und die Akteure teilweise zu stoisch. Für mich war das Buch trotz oder gerade wegen großer Erwartungen (insbesondere wegen der zeitlichen Einordnung und der ansprechenden Inhaltsangabe) eine Enttäuschung. Ich hatte mir inhaltlich etwas anderes versprochen und würde deshalb auch nur 3 Sterne vergeben.
In seinem Buch „Im Unterland“ beschäftigt sich Robert Macfarlane im wahrsten Sinne gemäß des Titels mit den unterschiedlichsten Unterwelten dieses Planeten. Er schreibt dabei recht tragend schwermütig und inszeniert eine erlebte Umgebung, die anschaulich schauerlich wird. Auf mich wirkte das Buch, das sicherlich viele interessante Ansätze bietet und inhaltlich auch nicht unbedingt langweilig wird, deshalb immer ein wenig zu „sehr gewollt“. Bedeutungsschwanger, mit viel Fingerzeig und gefühlt doch immer ein wenig von „oben herab“ gibt Robert Macfarlane hier seine Wahrnehmungen, Erlebnisse und Meinungen zum Thema wider, verpackt als Sachbuch. Und so schleicht man lesend durch eine von persönlichen Intentionen und Lektionen gefüllte Erzählung, die mir wiederum leider oftmals nicht zusagte. Ich fand das Lesen der Beiträge anstrengend, nicht wegen des Inhaltes an sich, sondern wegen des sehr individuellen Schreibstils des Autors. Leider hatte ich mir von diesem Buch etwas anderes versprochen und ich würde eher sagen, dass dieses Buch seine geneigten Leser finden muss. Meins war es eher nicht, deshalb 2 Sterne.
Susanne Koelbl‘s Buch „Zwölf Wochen in Riad“ ist definitiv ein Buch, das sich zu lesen lohnt. Die Autorin beleuchtet auf vielfältige Weise die Veränderungen, die sich zuletzt in Saudi Arabien zutrugen: Öffnungen in Richtung Westen, Lockerungen der Gesetze, Frauenrechte. Doch vielmehr zeigt sie ein Bild eines muslimischen Landes auf, das durch seine ureigene Geschichte geprägt ist von Machterhalt einiger weniger Familien, Ölreichtum mit nahendem wirtschaftlichen Umdenken, dem Islam, Konkurrenzen und Intrigen. Ein Land, das die Europäer vielleicht gar nicht in seiner Kern- und Gesamtstruktur verstehen können, sieht man sich nicht die vielschichtigen Facetten hinter dem geschlossenen Vorhang an. Schön fand ich hier auch die zahlreichen Farbfotos in der Mitte des Buches, die das Erzählte und Beschriebene noch einmal visuell ergänzen. Susanne Koelbl, die die Erlaubnis erhielt, sich für längere Zeit in Riad aufzuhalten, schildert ihre facettenreichen Erlebnisse, die teils für einen nicht muslimischen Menschen in ihrer Strenge und Konsequenz erschreckend, manches Mal aber auch urkomisch und witzig erscheinen. Die Darstellungen lassen auf jeden Fall tief in die Umwälzungsprozesse des bis dato strengsten muslimischen Staates blicken. Überraschend dabei natürlich immer wieder die Rolle der Frau. Insbesondere die vielschichtigen Erfahrungen von Susanne Koelbl als europäische Frau und Gast in Saudi Arabien. Einfach nur spannend! Obwohl es sich bei „Zwölf Wochen in Riad“ um ein Sachbuch handelt, liest es sich durch den lockeren, eingängigen Schreibstil der Autorin unglaublich flüssig und leichtgängig. Die einzelnen Kapitel können jeweils separat, also auch solo gelesen werden, da sie eigentlich immer eigene Inhaltsschwerpunkte aufweisen. In der Gänze liest sich das Buch aber eh so überraschend packend, dass man eigentlich keine der einzelnen Perspektiven und Schilderungen verpassen möchte und das Buch wohl eher in einem Rutsch durchliest.. Für mich war das Buch jedenfalls sehr interessant zu lesen und wies doch auch einige Überraschungen auf. Es ist recht lehrreich und meiner Meinung nach eine absolute Leseempfehlung wert! Deshalb von meiner Seite klare 5 Sterne.
Mit „Der Bär und die Nachtigall“ ist Katherine Arden eine wundervolle Geschichte, wenn nicht gar ein großartiges, auf Legenden beruhendes Märchen gelungen! Es verbinden sich hier Mythen mit viel Spannung und das Buch lässt sich wegen des eingängigen Erzählstils sehr gut lesen. Auf sprachlicher Ebene sind zwar zu Beginn die russischen Namen (die sich bei ein und derselben Person durch verschiedene Koseformen schnell einmal ändern können) noch ein wenig ungewohnt, aber das schadet meiner Meinung nach nicht dem Lesefluss. Die Gestaltung der Charaktere und die Atmosphäre der Schauplätze sind Katherine Arden toll gelungen. Der Roman verströmt nach kurzer Anlaufzeit eine düstere Stimmung und sorgt für schaurige wie packende Momente. Für mich unerwartete Hochspannung und viel subtiler Nervenkitzel.. Ein wenig schade fand ich dann, dass das Ende des Romans fast schon ein wenig überhastet erschien und für meinen Geschmack noch ausführlicher hätte ausfallen können.. Ansonsten ist „Der Bär und die Nachtigall“ meiner Meinung nach eine wunderschöne Geschichte mit stimmigen Charakteren und überraschend vielen packenden Lesemomenten! Ich würde mir viel mehr von dieser Art Schauergeschichten wünschen, deshalb dafür ganz klar 5 Sterne.
Ein altes Kapitänshaus, mysteriöse Vorkommnisse und zudem noch ungeklärte Todesfälle.. „Das Schattenhaus“ von Thriller-Königin Tess Gerritsen ließ zunächst einmal wieder viel Nervenkitzel und Spannung erhoffen. Doch für mich persönlich war es eher eine Enttäuschung - und zudem definitiv kein klassischer Gerritsen-Thriller.
Die Food-Autorin Ava zieht an der Küste Maines in ein altes Kapitänshaus, in dem es vom ersten Tag ihres Aufenthaltes an zu spuken scheint. Es erscheint ihr des Nachts der Erbauer des Hauses, Kapitän Brodie – der eigentlich seit rund 150 Jahren tot sein müsste. So weit so gut, entwickelt sich der Roman meines Erachtens genau wegen dieses Plots in die falsche Richtung. Die Story erinnerte mich weniger an einen packenden Thriller, sondern vielmehr an Schmachtfetzen aus der Sado-Maso-Sparte à la „50 Shades of Grey“… Leider überhaupt nicht mein Fall. Fessel- und Sexspielchen hat die Autorin meiner Meinung nach wirklich nicht nötig für ihre eigentlich immer äußerst stimmigen Thriller, denen es an Spannung nie mangelt. Authentische Charaktere, ausgefeilte Plots mit Nervenkitzel auf allerhöchstem Niveau und atmosphärische Schausplätze.. Auch „Das Schattenhaus“ hatte grundsätzlich viel Potenzial, doch Tess Gerritsen ist hier zu früh falsch abgebogen. Eine Hauptfigur, die dem Alkohol sehr zugetan ist, sich von einem Geist oder was auch immer verführen lässt, sich in ihren persönlichen Dramen verliert.. Zudem unglaubwürdige Inhalte und wenige schlüssige Verläufe. Schade, vielleicht wäre ein wenig „Mystery“ noch passend gewesen, doch die wenig authentischen und eher langweiligen Charaktere, sowie zu viele unnötige Sexszenen stampfen das Potenzial meiner Meinung nach ein. Für mich wie gesagt eine Enttäuschung, deshalb nur 1 Stern.
Vier teils schrullige Halbbrüder, die bei ihrem Großvater aufwachsen, irgendwie ihre herausfordernde Jugend überstehen und mittlerweile zu Männern mit ihren ganz eigenen Problemfeldern und Familienkonstrukten geworden sind, stehen nach dem Tod des Opas vor vielen rätselhaften Fragen zu ihrer eigenen Familiengeschichte, die eh schon wenig normal erscheint. Sie suchen Antworten und gehen aus diesem Grund auf Reise – denn eines ist ganz offensichtlich: „Opa hatte Dreck am Stecken“.
Alexandra Fröhlich hat mit ihrem neuesten Buch einen tollen Familienroman vorgelegt, der sich nicht nur mit den Familienangelegenheiten und vielen Eigenheiten der vier Halbbrüder und ihrem Großvater auseinandersetzt, sondern auch Geschichte, sowie Schuld und Reue behandelt. Allerdings schreibt die Autorin wie gewohnt mit so viel Witz und trotz manch derbem Sprachgebrauchs der Charaktere mit so viel Feingefühl, dass das Lesen des Buches großen Spaß macht. Es ist sehr facettenreich und die Figuren, sind trotz aller Kuriosität liebevoll in Szene gesetzt und gut in ihre jeweilige Rolle eingefügt. Ich finde, der Roman lässt sich sehr leichtgängig lesen und bietet viele eher lustige, aber einige auch spannende Szenen. Die Erzählung ist in ihrem Fluss zum Ende hin vielleicht nicht zu 100% authentisch (zu viel „Ganoventum“), aber im Gesamtrückblick trotzdem noch sehr stimmig. Meines Erachtens war der Vorgänger-Roman „Gestorben wird immer“ zwar noch etwas besser, aber auch „Dreck am Stecken“ ist eine wahre Lesefreude. Deshalb von meiner Seite für das Buch 5 Sterne.
Christian Neef ist langjähriger Spiegel-Korrespondent für Russland, bzw. die ehemalige Sowjetunion, lebte viele Jahre vor Ort und hat nun mit seinem Buch „Der Trompeter von Sankt Petersburg“ ein hochinteressantes und informatives Werk über die längst vergangenen Jahrzehnte des frühen 20. Jahrhunderts verfasst. Er schildert eindrucksvoll die Lebensweisen der damaligen Deutschen in Sankt Petersburg, besonders derer die die ehemalige Metropole mitprägten und beleuchtet somit insbesondere das Leben und Schaffen einiger besonders einflussreicher oder tragender Familien. Hier spielt auch der Trompeter Oskar Böhme eine maßgebliche Rolle. Die wechselnden Perspektiven und sicherlich auch die unterschiedlichen Interessenslagen der jeweiligen Familien machen das Buch zu einem Spiegel der vergangenen Zeit und Einflussnahmen. Packend und definitiv sehr interessant.
Nichtsdestotrotz stand für mich persönlich in erster Linie der große politische Umbruch in St. Petersburg im Vordergrund, der nicht zuletzt durch den sehr eingängigen und packenden Schreibstil des Autors beinahe greifbar wird. Ich fand Neefs Schilderungen der Familienschicksale, die größtenteils auf reellen Begebenheiten beruhen, sowie die dargestellten und verknüpften politischen Entwicklungen sehr anschaulich, teils dramatisch, aber durchweg authentisch erzählt. Es wird eine schwierige wie schwerwiegende Umbruchszeit mit teils fatalen Folgen für die in Sankt Petersburg lebenden Deutschen beleuchtet, die bis heute wohl eher wenig behandelt wurde. Ein Wandel der Zeit in Sankt Petersburg, nicht zuletzt deswegen heißt es im Untertitel des Buches „Glanz und Untergang der Deutschen an der Newa“. Meiner Meinung nach ist dieses Buch absolut lesens- und empfehlenswert, deshalb von meiner Seite 5 Sterne dafür.